Prickelnd-herber Biergenuss
Fakten und Hintergründe
Knapp 60 Prozent des deutschen Bierausstoßes entfallen auf die Sorte Pils – allerdings mit sehr starken regionalen Unterschieden: Während außerhalb Bayerns beinahe drei von vier Suden nach Pilsener Art eingebraut werden, setzen Bayerns Brauer mehr auf geschmackliche Vielfalt und Abwechslung: Mit einem Ausstoßanteil von etwa 10 Prozent ist das Pils innerhalb der einzigartigen Sortenvielfalt der bayerischen Brauwirtschaft eine Bierspezialität von vielen. Rund 2,5 Millionen Hektoliter Pils produzierten Bayerns Brauer derzeit ‑ Pils, das seinen Namen verdient!
Pilsregion Franken
Die Hochburgen der bayerischen Pilsbrauer liegen in Franken. Rund ein Viertel des nordbayerischen Bierausstoßes entfällt auf die Biere Pilsener Brauart mit Schwerpunkt in Ober- und Unterfranken. Das besonders weiche Wasser der fränkischen Mittelgebirgslandschaften und der feine Aromahopfen aus heimischen Hopfengärten geben ihm sein unverwechselbares Aroma.
Über Jahrhunderte dominierten dunkle Biere den bayerischen Markt. Diese Biere weisen eine ausgeprägte Malzsüße auf, die ihnen besondere Süffigkeit verleiht. Das Pils hingegen ist – gemessen an der über 4.000-jährigen Geschichte des Gerstensaftes – eine verhältnismäßig junge Biersorte. Erst gut 150 Jahre ist es her, dass es „erfunden“ wurde: von einem Bayern – von wem sonst, möchte man fragen!
Wie ein Vilshofener das Pils „erfand“
Josef Groll (1813 – 1887) aus dem niederbayerischen Vilshofen war es, der am 5. Oktober 1842 im böhmischen Pilsen den ersten Sud jenes Bieres braute, dessen helle Farbe und besondere Hopfennote heute für eine ganze Sorte steht: Pils oder Pilsener. Am 11. November desselben Jahres kam es erstmalig zum Ausschank – und trat seinen Siegeszug um die Welt an.
In Pilsen wurde bis dahin obergärig gebraut („sogenannte „Oberhefenbier“). Aber die Biere wollten den Böhmen nicht mehr so recht schmecken. Qualität und Haltbarkeit ließen derart zu wünschen übrig, dass der Magistrat der Stadt sogar einmal 36 Fass des ungenießbaren Gebräus öffentlich ausschütten ließ. Die brauberechtigten Bürger Pilsens entschlossen sich deshalb zunächst, eine neue Brauerei zu errichten, um die technischen Voraussetzungen für ein ordentliches untergäriges Bier zu schaffen. Diese untergärige Brauweise hatte zunächst in Bayern Fuß gefasst und sich von hier aus immer weiter ausgebreitet.
Dem bayerischen Bier eilte schon damals ein besonders guter Ruf voraus. Bayerische Braumeister galten als Meister ihres Faches. Und so ließ man es nicht bei einem neuen Sudhaus bewenden, man engagierte auch einen bayerischen Braumeister, um das daniederliegende Pilsener Brauwesen grundlegend zu sanieren.
Josef Groll war ein mutiger Mann. Zunächst stellte er wunschgemäß die bis dahin in Pilsen übliche Bierproduktion auf Untergärung „nach bayerischer Art“ um. Ihm schwebte allerdings etwas völlig Neues vor. So verwendete er statt des damals gebräuchlichen dunklen Malzes ein sehr helles und gab dem Bier eine ungewöhnlich reichliche Gabe feinsten Saazer Aromahopfens bei.
Ein völlig neues Geschmackserlebnis war geboren – und fand rasch Liebhaber weit über den Pilsener Raum hinaus.
Josef Groll blieb nicht lange in Pilsen. Am 30. April 1845 lief sein Vertrag am Bürgerlichen Brauhaus in Pilsen aus. Er wurde nicht verlängert. Doch auch in seiner Nachfolge trugen bis 1900, also annähernd sechs Jahrzehnte lang, bayerische Braumeister die Verantwortung für die Pilsener Brauerei und deren berühmtes Bier.
Josef Groll starb am 22. Oktober 1887 in seiner Geburtsstadt Vilshofen.
Siegeszug des neuen Biertyps
Die Bezeichnung „Pilsener Bier“ war zunächst lediglich eine Herkunftsbezeichnung. Die Beliebtheit des „blonden“, stark hopfenbetonten Bieres wuchs jedoch rasch. Es fand zunächst in anderen böhmischen Braustätten, später auch nördlich des Erzgebirges und im Vogtland fleißige Nachahmung.
Die Ausweitung der Eisenbahnstrecken vergrößerte den Transportradius des Pilsener Bieres. Sein guter Ruf wurde so mächtig, dass sich schon um die Jahrhundertwende die Bezeichnung „Pils“ im Volksmund für das hopfenbetonte helle blanke Bier durchsetzte. „Pilsener“ wurde mehr und mehr zur Gattungsbezeichnung.
Die Fürther Brauerei Geismann war wohl die erste Brauerei, die im heutigen Bayern „Pils“ braute und es „Bayrisch Pilsener“ taufte. Andere Brauereien in Bayern folgten dem Beispiel.
Das Bürgerliche Brauhaus in Pilsen sah dies natürlich gar nicht gerne. 1898 erhob es eine Unterlassungsklage gegen die Brauerei der Gebrüder Thomass in München, wobei es um die Bezeichnung „Thomass-Pilsner-Bier“ ging. Bereits damals stellten sich die Gutachter jedoch auf den Standpunkt, dass „Pilsener“ keine Herkunfts-, sondern eine Typusbezeichnung sei. Im April 1899 wurde die Sortenbezeichnung „Pilsner“ per Gerichtsbeschluss genehmigt. Ab 1900 trat die Kurzform „Pils“ als Gattungsbezeichnung für helle, stark gehopfte Biere auf.
Und was ist nun „Pils“?
Pils oder Pilsener ist ein „Vollbier“. In Deutschland werden damit Biere mit einem Stammwürzegehalt von elf bis unter 16 Prozent bezeichnet. Die „Stammwürze“ bezeichnet den prozentualen Anteil löslicher Stoffe aus Malz und Hopfengabe (im wesentlichen Malzzucker) in der Würze vor der Vergärung. Der Stammwürzegehalt des Pils liegt am unteren Ende dieser Skala bei elf bis zwölf Prozent. Das helle, blanke bayerische Pils zeichnet sich durch eine ausgeprägte feinherbe Hopfenbittere aus. Diese Hopfenbittere misst der Fachmann in „Bittereinheiten“. Das Pils hat im Mittel ca. 30 Bittereinheiten. Zum Vergleich: ein bayerisches Lager / Helles bringt es auf etwa 21 Bittereinheiten.
Pils ist prickelnd und schlank. Es besitzt eine besonders feine Herbe, eine ausgeprägte „Hopfenblume“, die diese Biersorte der reichlichen Verwendung feiner, hochwertiger Aromahopfen verdankt.
Der Alkoholgehalt des Pils beträgt rund fünf Prozent. Sein Brennwert liegt bei etwa 40 Kilokalorien (180 Kilojoule) pro 100 Milliliter.