7. Alkoholkonsum in Deutschland

Der Alkoholkonsum in Deutschland

Der Alkoholkonsum in Deutschland sei zu hoch, ist immer wieder zu lesen, Deutschland gehöre zu den Hochkonsumländern und nehme im internationalen Maßstab einen Spitzenplatz ein. Die Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen (DHS) wird nicht müde, im Zusammenhang mit Alkoholkonsum von „etwa 74.000 Todesfällen, die allein durch den Alkoholkonsum oder den kombinierten Konsum von Tabak und Alkohol verursacht sind“, zu sprechen (vgl. DHS Jahrbuch Sucht 2021, S. 16). Hartnäckig vertreten Gesundheitspolitiker die These, wenn man nur den Durchschnittskonsum senke, bekomme man auch das Problem des Alkoholmissbrauchs in den Griff.

Diese These muss auf der Grundlage belastbarer Zahlen als zumindest „gewagt“ bezeichnet werden.

Die unterstellten „74.000“ Opfer ihres Alkoholkonsums tauchen in selber Höhe bereits im Jahrbuch Sucht 2003 auf. Sie fußen auf einer Veröffentlichung aus 2002 (John/Hanke: „Alcohol-attributed mortality in a high per capita consumtion country“), die wiederum auf Mortalitätsdaten aus dem Jahr 1997 und auf Alkoholkonsumdaten sogar aus dem Jahr 1991 basiert. Ist es wirklich überzeugend, dass seit 30 Jahren die Zahl der Alkoholopfer nicht gesunken sein soll, obwohl der Alkoholkonsum in der gleichen Zeit um fast 27 % zurückgegangen ist?

Ist die Senkung des durchschnittlichen Pro-Kopf-Konsums unter Einsatz sog. „verhältnispräventiver Maßnahmen“ wie Steuererhöhungen, Werbeverboten, Vertriebsbeschränkungen u.a.m., die den moderaten Genießer alkoholhaltiger Getränke ebenso treffen wie den „Heavy-User“, eine plausible Zielgröße, wenn dieser Durchschnittskonsum seit Jahren rückläufig ist, die Klagen über Alkoholmissbrauch aber immer lauter werden?

Bayerns Brauer engagieren sich gegen den Alkoholmissbrauch. Wir sagen NEIN zu Alkohol in der Schwangerschaft, bekennen uns klar zur Einhaltung der geltenden jugendschutzrechtlichen Bestimmungen und sensibilisieren im Rahmen der maßgeblich durch die Brauwirtschaft getragenen Kampagne „Don’t drink and drive“ für die großen Risiken der alkoholisierten Teilnahme am Straßenverkehr.

Diese verhaltenspräventiven Ansätze sind, wie die Zahlen belegen, erfolgreich ohne die große Zahl derer, die bewusst und mit Verantwortung ihr Glas Bier genießen, für das (auch von uns nicht bestrittene) Fehlverhalten weniger in alkoholpolitische Sippenhaft zu nehmen.

Mehr Informationen zu den alkoholmissbrauchspräventiven Kampagnen der Brauer gibt es hier.

Durch eine allgemein anerkannte Standardisierung des Alkoholgehalts einzelner Getränkegattungen lässt sich aus dem Pro-Kopf-Konsum alkoholhaltiger Getränke der Konsum an Reinalkohol pro Kopf der Bevölkerung errechnen. Hierzu wird für Bier ein durchschnittlicher Alkoholgehalt von 4,8%, bei Wein von 11%, bei Schaumwein von 12% und bei Spirituosen von 33% der Berechnung zugrunde gelegt.

Demnach lässt sich darstellen, wie sich seit 1991 der Reinalkoholkonsum bezogen auf die konkret durchschnittlich konsumierten Getränkegattungen verteilt.

Den stärksten Rückgang verzeichnet Bier. Seit den späten 90er Jahren nimmt die dem Weinkonsum zuzuschreibende Reinalkoholaufnahme sogar wieder leicht zu.

Aufgrund des absolut geringen Sekt- und Schaumweinkonsums fällt dieser schließlich bzgl. seiner Auswirkungen auf den Reinalkoholkonsum nicht stark ins Gewicht.

Die in Form von Spirituosen konsumierte Reinalkoholmenge ist ebenfalls rückläufig und seit Ende der 90er Jahre sogar geringer als die dem Wein zuzurechnende.

Die leichte Zunahme von 2010 zu 2011 ist ein rein statistischer Effekt (Volkszählungsergebnis).

PRO-KOPF-KONSUM VON REINALKOHOL IN LITERN NACH GETRÄNKEARTEN->DOWNLOAD GRAPHIK

Addiert man die einzelnen durchschnittlichen Konsummengen, so zeigt sich, dass 1991 der Bundesbürger im Durchschnitt noch 12,2 Liter Reinalkohol im Jahr zu sich nahm. 2021 waren es noch 8,77 Liter, ein Minus von 28%.

Wäre also der Ansatz zutreffend, dass eine Reduzierung des durchschnittlichen Reinalkoholkonsums ein wirksames Mittel auch zur Missbrauchsbekämpfung ist, das Problem missbräuchlichen Alkoholkonsums hätte signifikant abnehmen müssen. Hat es aber nicht.

Tatsache ist: Würden die relativ wenigen Intensivstverwender ihr Konsumverhalten ändern, nicht aber alle anderen Konsumenten, dann würde sich das Missbrauchsproblem verringern und im Ergebnis würde auch der  Durchschnittskonsum sinken.

Nur umgekehrt funktioniert dies natürlich nicht: Sinkt der Durchschnittskonsum, weil  „normale“ Konsumenten den Alkoholgenuss reduzieren, ändert das am Verhalten der missbräuchlichen Konsumenten zunächst gar nichts.

Übrigens: Die Konsumerhöhung 2010 zu 2011 ist dem Ergebnis der Volkszählung 2011 geschuldet: Die Zählung ergab einen deutlich niedrigeren Bevölkerungsstand als angenommen, was rechnerisch den PKV natürlich erhöht. Er ist damit auch für die Vorjahre als zu niedrig angesetzt anzunehmen, allerdings erfolgt keine rechnerische Rückrechnung.

ENTWICKLUNG DES JÄHRLICHEN REINALKOHOL-PRO-KOPF-KONSUMS DEUTSCHLAND IN LITERN ->DOWNLOAD GRAPHIK

Der Reinalkoholkonsum sinkt nicht nur insgesamt, innerhalb des Reinalkoholkonsums ergibt sich auch eine spürbare Strukturverschiebung:

Ein immer geringerer Teil des konsumierten Reinalkohols entfällt auf Bier (und Spirituosen), ein relativ immer größer werdender auf Wein. Der auf Schaumwein entfallende Anteil schwankt nur leicht und ist heute gegenüber 1991 nahezu  unverändert.

Ungeachtet dessen beißt sich die Alkoholpolitik jedoch am Bier und den Spirituosen fest, wenn Maßnahmen wie Steuererhöhungen oder Werbebeschränkungen diskutiert werden.

Dies bedeutet auch: Die Zielgröße „Senkung des Durchschnittskonsums von Alkohol“ ist als solche untauglich, weil es „den Alkoholkonsum“ nicht gibt.

Dass der Konsum insgesamt nicht in dem Maße sinkt, wie es einigen Gesundheitspolitikern vorschwebt, liegt zu maßgeblichen Teilen daran, dass das Segment Wein gegen den Trend wächst, gerade diesem aber kaum alkoholpolitische Aufmerksamkeit geschenkt wird.

STRUKTUR DES REINALKOHOLKONSUMS IM VERGLEICH 1991-2021->DOWNLOAD GRAPHIK